11.01.11
Die Gattung Drosera ist zusammen mit Dionaea mein absoluter Favorit. Beide Gattungen zählen zusammen mit der Wasserfalle (Aldrovanda) zu den Sonnentaugewächsen (Droseraceae).
Besonders faszinierend sind beim Sonnentau die Fangschleim besetzten Tentakel an den Blättern. Diese sehen nicht nur für uns Menschen wunderschön aus. Sie haben eine magische Anziehungskraft auf Insekten. Diese aktiven Fallen, die sich langsam zum Opfer hin bewegen, lassen der Beute keine Chance. Schon mit der ersten Berührung ist das Insekt oft schon dem Tod geweiht. Jede Bewegung reitet es weiter ins Verderben.
Der Fangvorgang sieht dann so aus: Ein Insekt begibt sich auf das Droserablatt und bleibt durch den Fangschleim an den Tentakel des Blattes kleben. Die Tentakel Bewegen sich nun zum Opfer hin. Je mehr das Opfer zappelt, desto mehr wird es eingeschleimt. Dann macht auch das gesamte Blatt eine aktive Bewegung zum Opfer hin. Diese Bewegung geht so weit, bis das Insekt vom Blatt völlig umschlungen ist. Befindet sich das Insekt an den Randtentakel des Blattes, so wird es durch die Bewegungen der Tentakel zu Blattmitte transportiert, wo es dann besser verdaut werden kann. Das Insekt verendet dann an Entkräftung oder durch Ersticken und wird dann durch die Enzyme im Fangschleim verdaut. Übrig bleiben die unverdaulichen Überreste.
Ich kultiviere tropische, subtropische, sowie winterharte Sonnentaue. Während die winterharten Arten ganzjährig ihren Platz auf dem Balkon haben, kultiviere ich die tropischen Arten ganzjährig warm. Subtropische Arten kultiviere ich im Winter teilweise kühl und frostfrei, so wie sie es in der Natur gewohnt sind. Aus Platzgründen ist das nicht bei jeder Pflanze möglich, aber ein durchkultivieren bei Zimmertemperatur ist für diese Arten meist auch kein Problem. Einige der subtropischen Drosera finden ab April ihren Platz auf dem Balkon, sofern sich da noch ein freies Plätzchen findet. Einige der subtropischen Arten sind auch sehr unempfindlich gegen kalte Frühjahrsnächte, andere tropische Arten leiden bei Schlechtwetterperioden selbst im Sommer. Sie sehen dann nicht mehr gut aus und man tut ihnen dann auch keinen Gefallen, wenn man sie draußen lässt. Was Substrat und Bewässerung angeht, kultiviere ich alle Sonnentaue überwiegend gleich. Torf-/Quarzkiesmischung und Anstaubewässerung natürlich mit destilliertem Wasser oder Regenwasser.
11.01.11
Zur Kultur der Pflanzen gehört für mich zwingend auch die Vermehrung. Zum einen zur Arterhaltung bei mir zu Hause, zum anderen zur Arterhaltung und Vermehrung in Kultur allgemein. Die Naturbestände der Sonnentaue sind allgemein rückläufig. Manche Arten sind vom Aussterben bedroht. Oft existieren heute weit mehr Exemplare einer Art in Kultur, als in der Natur. Die Arten zu vermehren ist also ein kleiner Beitrag zur Arterhaltung.
Einfache Sonnentauarten, also die Arten, die ich überwiegend kultiviere, lassen sich meist leicht durch Samen, Blattstecklinge und Wurzelstecklinge vermehren.
Die Vermehrung durch Samen ist denkbar einfach. Man streut die Samen einfach auf nassem Torf aus und sorgt für viel Helligkeit. Der Rest ist Warten. Bei genügend Licht hat man oft schon nach zwei Wochen eine Vielzahl an Keimlinge.
Viele ziehen eine Klarsichtfolie über den Topf, um einen Treibhauseffekt zu erzielen. Meines Erachtens ist das unnötig. Keimen die Samen, kann man die Keimlinge pikieren, d.h. vereinzeln, damit nicht alle auf einem Haufen wachsen. Man setzt Die Keimlinge dazu einfach mit einer Pinzette, Zahnstocher o.ä. um. Die Keimlinge haben kaum Wurzeln und vertragen das i.d.R. gut. Man kann sich das auch ersparen, indem man darauf achtet, die Samen so gleichmäßig wie möglich auf dem Substrat zu verteilen. Meist hat man mehr Samen, als man Pflanzen aufziehen kann und man kann den Keimlingen, ganz wie in der Natur, den Konkurrenzkampf selbst überlassen. So setzt sich dann der stärkste Keimling aus einem Haufen durch.
Die Aufzucht aus Samen hat auch Nachteile: Man benötigt einige Monate Geduld um halbwegs größere Pflanzen zu erhalten und längst nicht jeder Keimling erreicht das Erwachsenenalter.
Anders sieht es da bei Blattstecklingen aus. Die Vermehrung durch Blattstecklinge hat den Vorteil, dass man relativ schnell, relativ große Pflanzen bekommt. Man schneidet einfach ein Blatt ab, legt es auf nassem Substrat und sorgt für viel Licht. Man muss darauf achten, dass das Blatt mit der Unterseite auf dem Substrat aufliegt, d.h. die Tentakel zeigen nach oben. Das Blatt muss gut angedrückt werden, damit der Kontakt zum Substrat gewährleistet ist und das Blatt nicht vertrocknet. Es dauert dann um die drei Wochen, bis man erste Triebe erkennt. Oft sind auf einem Blatt mehrere Triebe. Weitere drei Wochen später hat man dann schon kleine Blätter mit fangschleim besetzten Tentakel. Innerhalb weniger Monate kann man so z.B. eine mehrere Zentimeter hohe Jungpflanze, z.B. von D. capensis, erhalten. Den Topf mit dem Steckling kann man mit Frischhaltefolie überziehen und so für einen Treibhauseffekt sorgen. Bei mir klappt es jedoch bestens ohne solche Hilfsmittel. Wichtig ist aber ein sehr nasses Substrat.
Durch Blattstecklinge erhält man genetisch gleiche Klone einer Pflanze. Für die Genvielfalt ist es wichtig auch Pflanzen aus Samen zu ziehen. Natürlich muss eine Pflanze erst mal zum Blühen gebracht werden. I.d.R. geschieht das bei meinen Pflanzen im Frühjahr oder Sommer, aber manche blühen bei guter Beleuchtung auch im Winter. Oft muss man eine Pflanze viele Monate unter relativ optimalen Bedingungen kultivieren, bis die Pflanzen es mit einer Blüte danken. Die Sonnentaue, die ich kultiviere bestäuben sich überwiegend selbst. Eine Blüte bedeutet somit fast immer auch Samen - die Pflanzen müssen nicht zwingend bestäubt werden.
Des Weiteren kann man Blätter auch einfach in destilliertem Wasser werfen. Irgendwann bilden sich dann Triebe. Da diese Methode aber bei mir länger gedauert hat, als bei Bodenstecklingen, kommt sie für mich nicht in frage.
Die Methode der Wurzelschnittlinge habe ich inzwischen auch bei D. binata und D. capensis 'red' ausprobiert. Sie funktionier genauso wie Blattstecklinge. Einfach Wurzelteile auf das Substrat legen, sehr nass halten und für viel Licht sorgen, also alles genau wie bei den Blattstecklingen. Diese Methode bietet sich natürlich nur an, wenn man die Pflanzen gerade umtopft. Beim Abschneiden der Wurzelteile, war ich übrigens durchaus nicht zimperlich. Ich habe einige große Stücke rausgeschnitten und den Pflanzen hat es nicht das Geringste ausgemacht. Sie sind am nächsten Tag normal weitergewachsen und haben auch nicht ihren Fangschleim verloren. Zumindest für die Arten D. capensis und binata kann ich die Methode sehr empfehlen. Bei genügend Wurzelmaterial erhält man dann auch gleich einen ganzen Teppich von Jungpflanzen.
Abschließend kann ich sagen, dass Blattstecklinge und Wurzelschnittlinge auf dem Substrat eine nahezu hundertprozentige Erfolgsquote bei mir haben und somit erste Wahl für die Vermehrung von Sonnentau ist. Trotzdem sähe ich auch zur Erhaltung der genetischen Vielfalt Samen der Pflanzen aus, wenn ich denn Samen geerntet habe.
Winterknospen (Hibernakel) von Drosera anglica
11.01.11
Winterharte Drosera-Arten, die ich kultiviere, sind D. anglica, D. intermedia, D. rotundifolia, D. linearis und D. filiformis ssp. filiformis. Das sind Arten die im Winter zwingend eine Winterknospe bilden. Sie tun dies auch, wenn man sie drinnen bei Zimmertemperatur halten würde. Allerdings würden ihnen die warmen Temperaturen auf Dauer nicht bekommen. Es gibt auch Arten, wie z.B. Drosera binata, die bei kalten Temperaturen einfach oberirdisch absterben. Hier überleben nur die massiven Wurzeln und treiben im Frühjahr wieder aus. Sie wachsen bei warmen Temperaturen einfach weiter. Sie werden allgemein als bedingt winterhart bezeichnet. Ich will mich hier auf die oben stehenden Arten beziehen, die eine Winterknospe (Hibernakel) ausbilden. Ich denke bei der Überwinterung dieser Arten kann man viel falsch machen. So einfach, wie es oft dargestellt wird ist es nicht – es gibt einiges zu beachten. Es heißt oft, „Die kommen auch bei uns in Deutschland vor, also sind sie unserem Klima voll angepasst und man kann sie einfach in den Garten stellen“. Man muss aber bedenken, dass es sich um Hochmoorpflanzen handelt.
Ein Fehler ist eine zu trockene Kultur im Winter. Man liest oft sehr richtig, dass man Sonnentau im Winter trockener kultivieren sollte. Aber dies gilt vor allem für subtropische Arten, die kühl aber frostfrei überwintert werden. Bei voll winterharten Arten sieht das anders aus. Im Winter ist der Wasserstand in den Hochmooren besonders hoch. Das liegt zum einen am regnerischen Herbst und zum andern an der hohen Luftfeuchtigkeit im Herbst/Winter. Moore sind also gerade im Winter besonders nass und bei Frost ist alles unter einer dicken Eisdecke. Oft sind Drosera im Winter unter Wasser oder eben unter Eis. Die Winterknospen halten das problemlos aus. Wochenlangen Frost unter einer massiven Eisdecke überleben sie ohne weiteres. Wenn man nun anfängt sie im Winter trockener zu kultivieren, wird der Frost das Wasser im Substrat binden und die Winterknospen vertrocknen – sie erfrieren nicht. Die Hibernakel werden dann schwarz und sterben ab. Wenn man winterharte Drosera im Topf überwintern will, muss man diesen in einen sehr hohen Untersetzer stellen. Am besten eine Schale, die genauso hoch ist wie der Topf. Das Wasser darf bis zum Topfrand stehen, ja man kann sie auch überfluten. Das ist die sicherste Überwinterungsmethode für frostharte Drosera. Dabei ist es dann auch egal, ob sie in einem Topf sehr nass stehen, oder im Moorbeet. Oft wird berichtet, dass winterharte Drosera im Topf den Winter nicht überlebt haben, weil der Topf durchgefroren sei. Das „durchfrieren der Töpfe“ existiert aber so nicht. Natürlich friert der Topf durch, dass tut das Substrat im Moor auch. Das ist aber nicht das Problem. Das Problem ist das Vertrocknen. Die Pflanzen erfrieren nicht, sie vertrocknen. Wenn man einen Topf mit nassem Torf bei Frost raus stellt, kann man sich das Phänomen genau betrachten. Das Wasser wird praktisch vom Torf als Eis separiert und der Torf ist völlig ausgetrocknet. Nur wenn der Torf mit Wasser übersättigt ist, also mehr Wasser vorhanden ist, als der Torf aufsaugen kann, ist auch im gefrorenen Zustand so viel Eis vorhanden, dass der Hibernakel nicht austrocknen kann.
Ein weiteres Problem bei mir im Moorkübel war Grauschimmel. Ich habe ihn an einigen Winterknospen von D. rotundifolia und D. filiformis ssp. filiformis gehabt. Er tritt bei leichten Plusgraden auf und ist sehr hartnäckig. Man kann meiner Erfahrung nach in so einem Fall nur das befallene Pflanzenmaterial großzügig abtragen und hoffen. Die Aussichten sind aber eher schlecht für die befallenen Pflanzen. Der Grauschimmel hat sich an den Pflanzen gehalten und verschwand erst im Sommer. Trotzdem habe ich kleine Grüppchen von D. rotundifolia retten können. Die Pflänzchen vermehrten sich im Torfmoos so stark vegetativ durch Ableger, dass sie sich vom Schimmelherd entfernten. Gegen Sommer verschwand dann der Grauschimmel und die Pflänzchen wurden vom Torfmoos eingewuchert.
Nun zu einem weiteren Phänomen. Das Problem der unregelmäßigen Winterruhe. Es kommt vor, dass Pflanzen mitten im Hochsommer eine Winterknospe bilden und es kommt vor, dass bereits eingezogene Pflanzen im Herbst wieder austreiben. Oft ist das bei neu gekauften Pflanzen zu beobachten. Es können Anpassungsschwierigkeiten an den neuen Bedingungen sein, es kann aber auch sein, dass die Pflanzen sehr früh, bspw. Im Februar aus der Winterruhe kamen. Der Karnivorenhändler will natürlich Pflanzen so schnell wie möglich verkaufen und kultiviert einen Teil seiner Pflanzen so, dass er schon sehr früh im Jahr erste Pflanzen anbieten kann. Ein Sonnentau, der bereits im Februar die Winterruhe beendet, wird normalerweise bereits im Juli eine Winterknospe bilden. Wenn der Sommer dann heiß und sonnig ist, muss man die Pflanzen schützen. Am besten man stellt sie in den Schatten und hält sie sehr nass.
Ich selbst hatte das Phänomen bei mir im Moorkübel auf dem Balkon, dass zwei D. intermedia, die schon einen Hibernakel gebildet hatten, bei einen Wärmeeinbruch im Oktober wieder austrieben. Das Wetter verschlechterte sich bald wieder, aber die Pflanzen wuchsen weiter. Die Bedingungen waren keinesfalls gut. Ich hatte die Pflanzen auch unter Wasser. Die Sonne schien kaum und es wurde kalt. Trotzdem bildeten die beiden Pflanzen keine neuen Winterknospen mehr. Ein paar warme Oktobertage hatten sie umgepolt – für sie war dieser Herbst nur ein sehr trübes Frühjahr. Bevor der Frost kam, holte ich sie dann aus dem Moorkübel und steckte sie in Töpfe. Ich kultivierte sie unter Kunstlicht weiter. Sie blühten im Winter und setzten viele Samen an. Im Frühjahr gingen sie, wie ich es erwartet hatte, in Winterruhe. Ich stellte die Pflanzen nach der Blütenphase auf den Balkon. Inzwischen war es frostfrei. Ein Hinausstellen bei Frost, wäre weniger empfehlenswert gewesen, da die Pflanzen keine Gelegenheit hatten, sich einzugewöhnen. Die Pflanzen zogen dann sehr kurz ein, um kurz danach gleich wieder auszutreiben. Sie trieben mit den andern winterharten Pflanzen aus und entwickelten sich das Jahr über völlig normal weiter. Im Sommer blühten sie mehrmals und produzierten erneute eine Unzahl an Samen. Inzwischen ist diese unregelmäßige Winterruhe, wie ich selbst sie nenne, ein recht vertrautes Phänomen. Es trat bei mir in den letzten beiden Wintern auf. Betroffen waren die Arten D. anglica, D. intermedia und D. rotundifolia. Allerdings waren es von jeder Art immer nur wenige Individuen. Die Zahl meiner winterharten Drosera auf dem Balkon wächst und ich denke, dass dieses Phänomen immer wieder auftreten wird. Wer in Besitz eines großen Moorbeetes ist, dem mögen so ein vorzeitiges Austreiben und die geringen Verluste, die dann entstehen können, gar nicht auffallen. In einem kleinen Kübel, kann man solche Dinge natürlich näher beobachten. Ich denke nicht, dass ich jedes Jahr winterharte Arten im Winter unter Kunstlicht wachsen lassen möchte. Momentan mach ich es noch, weil ich ihre Anzahl noch so weit wie möglich erhöhen möchte und natürlich spielt da auch eine gute Portion Neugier eine Rolle. Wenn ich später mal unzählige Individuen einer Art habe, wiegen die Verluste einzelner Pflanzen nicht mehr so stark und ich werde dann alles seinen natürlichen Gang gehen lassen.
Also es ist nicht immer alles ganz so unproblematisch, wie man oft liest. Aber es bleibt immer hochinteressant.
Zwei Hibernakel von Drosera rotundifolia im Torfmoos. Die Art kommt sogar in Grönland vor und ist damit die nördlichste Karnivore überhaupt.
Im unteren Bild: Die Winterknospe von Drosera intermedia, hier im Schlamm meines Moorkübels. Nässe ist hier besonders wichtig. Ist das Substrat nicht nass genug, droht bei Frost das Austrocknen.